Rosacea Blog
Rosacea ist ausheilbar
Haarbalgmilben als Auslöser – neue Hoffnung für Betroffene
von Dominik Golenhofen, erschienen in CO.med 11/2016
In den letzten zehn Jahren konnte ich bei all meinen Rosacea-Patienten (n = >100) unter dem Mikroskop einen starken Befall von Haarbalgmilben nachweisen. Durch eine gezielte Behandlung und Stärkung des Immunsystems der Haut verschwanden die Haarbalgmilben, und die Patienten bekamen ihre gesunde Haut zurück. Eine dauerhafte Heilung war erfolgt. Leider ist der Zusammenhang von Haarbalgmilben und Rosacea nicht ausreichend bekannt. Mit dem vorliegenden Artikel will ich dazu beitragen, dass sich das ändert, damit Betroffene endlich wieder eine schöne Haut bekommen.
Was ist Rosacea?
Rosacea zählt zu den chronischen Hauterkrankungen und wird bis heute als unheilbar angesehen. Allein in Deutschland sollen vier Millionen Menschen betroffen sein. Die genaue Ursache der Erkrankung war unklar, und so behandelte man bisher nur die vordergründig symptomauslösenden Faktoren wie Bakterien, Entzündungen, Stress, ein gestörtes Immunsystem. Haarbalgmilben, die in einigen Publikationen mit Rosacea in Verbindung gebracht wurden [1, 2], wurden eher selten therapeutisch angegangen.
Meistens beginnt die Erkrankung ab dem 30. Lebensjahr und verschlimmert sich mit zunehmendem Alter. Ich sehe in meiner Praxis aber auch schon sehr schlimme Fälle bei Patienten in den Zwanzigern. Wie auch bei vielen anderen Erkrankungen, kann man auch bei der Rosacea beobachten, dass sie über die Zeit immer früher auftritt.
Die Rosacea-Symptome zeigen sich im Gesicht. Es kommt zu Rötungen der Haut, Äderchen werden sichtbar. Schreitet die Erkrankung fort, bilden sich Pickel und Pusteln. Die Poren vergrößern sich, und die Haut wirkt teilweise sogar geschwollen. Bei diesen fortgeschrittenen Formen sind die Menschen so entstellt, dass sie sich nur noch schwer unter Menschen trauen. Sie sind rot wie nach einem Sonnenbrand und dazu gesellen sich Pickel.
Da sich die Erkrankung meist langsam über Jahre entwickelt, „gewöhnt“ sich zwar das Umfeld an diese Veränderungen, aber wieder und wieder werden die Betroffenen auf ihr Leiden angesprochen. Für Frauen hat der psychische Aspekt, nicht mehr „schön“ zu sein, in der Regel erheblich schlimmere Folgen – besonders in jungen Jahren.
Häufig kommt zu den sichtbaren Symptomen noch ein schmerzhaftes Brennen und Jucken der Haut. Im schlimmsten Fall kommt es noch zu einer Wucherung des Bindegewebes um die Talgdrüsen herum, was dann zu einer Knollennase führt.
Konventionelle Behandlungen
Die bisherigen Heilungsstrategien beschränken sich auf eine Verminderung der Symptome. Bei leichten Beschwerden wird meist mit antibiotischen Cremes (Metronid azol) gegen die Entzündung und die Bakterien vorgegangen. Reicht die äußerliche Anwendung nicht mehr aus, geht man meist zur inneren Anwendung von Antibiotika über – klassisch hochdosiert über einen kurzen Zeitraum oder „modern“ niedrigdosiert als Dauereinnahme.
Antibiotika haben immer Nebenwirkungen, und so muss sich der Patient zwischen einer unschönen, unerträglichen Haut und den Nebenwirkungen der Antibiotika entscheiden.
Bei schwersten Hautveränderungen werden Laserbehandlungen oder Operationen angeboten.
Die einzige an den Ursachen orientierte Therapie ist die Verwendung eines sehr aggressiven Vitamin-A-Säure-Derivates. Laut Wikipedia wirkt dieses Derivat als Insektizid. Ich glaube aber, dass sich die meisten Dermatologen der milbentötenden Wirkung gar nicht bewusst sind, sondern sie setzen es einfach ein, weil es zur Verbesserung der Symptome führt. Leider hat dieses Derivat extremste Nebenwirkungen (Nasenbluten, Haarausfall, Depressionen, suizidales Verhalten, verändertes Blutbild, Probleme an den Augen, Darmentzündungen usw.). Die Anwendung sollte angesichts der aus meiner Sicht unverhältnismäßigen Nebenwirkungen verboten werden.
Ein neuer Behandlungsansatz
In China hat Professor Zhao Zhongzhou schon vor vielen Jahren den sehr deutlichen Zusammenhang von Haarbalgmilben und Hautproblemen (Rosacea, Akne und Seborrhoisches Ekzem) erkannt. Er entwickelte eine Creme (DemoDerm, Apotheke), die das Immunsystem der Haut so stärkt, dass die Milben nicht mehr überleben können. Das Hautbild verbessert sich daraufhin.
Enthalten ist eine interessante Kombination von bekannten Substanzen mit immunstärkenden, antientzündlichen, durchblutungsfördernden, desinfizierenden, pH- und hormonregulierenden Eigenschaften, die allesamt ohne Nebenwirkungen sind (u. a. Zink, Schwefel, Menthol, Stearinsäure und Salicylsäure).
Entscheidend ist der Faktor, dass es keine Anti-Parasiten-Creme ist, sondern eine hautstärkende Creme, die das Hautmilieu umstellt.
Die Schulmedizin konzentriert sich bei der Behandlung mehr um die Linderung der Symptome und setzt dabei eher auf Gegenmittel, wie z. B. Antibiotika, Antimykotika, Antihistaminika, Antirheumatika etc. Anti-Mittel bringen aber immer z. T. schwere Nebenwirkungen mit sich, mit denen der Betroffene dann zu kämpfen hat. Das mag bei hochakuten Fällen/Indikationen noch tolerabel sein, bei langfristigen Behandlungen chronischer Erkrankungen ist das jedoch völlig kontraproduktiv und unsinnig.
Wir kennen das gleiche Vorgehen – also das Stärken der körpereigenen Regulationsmöglichkeiten und das Beeinflussen des Milieus – auch aus anderen Bereichen der Alternativmedizin. Wer eine kranke Darmflora mit z. B. Pilzbesiedlung hat, der kann entweder ein Anti-Pilzmittel einnehmen und damit zwar die Pilze beseitigen, aber weiter einen kranken Darm behalten. Oder er kann mit Probiotika und einer Ernährungsumstellung das Milieu im Darm verändern und so die Pilze dauerhaft loswerden, ohne ein Anti-Mittel verwenden zu müssen, das in der Regel mit unerfreulichen Nebenwirkungen behaftet ist.
Somit ist der Heilansatz bei Rosacea völlig logisch, wenn wir:
- erkannt haben, dass die Haarbalgmilben die Ursache der Rosacea darstellen, und
- verstanden haben, dass wir mit einer Unterstützung und Stärkung der Haut mehr erreichen als wenn wir nur gegen die Symptome vorgehen.
Was sind Haarbalgmilben?
Die Gattung der Haarbalgmilben (Demodex spec.) umfasst viele Arten, von denen auf der Haut des Menschen nur zwei vorkommen: Demodex brevis und Demodex folliculorum. Beide Arten haben acht Beine und ein Gebiss mit Zangen am Kopf. Der Körper von D. folliculorum ist etwas länger, weshalb man die beiden Arten unter dem Mikroskop gut unterscheiden kann.
Die Milben leben ausschließlich in den Talgdrüsenfollikeln, welche nicht gleichmäßig über den Körper verteilt sind.
Die spezifischen Talgdrüsen befinden sich primär im Gesicht, teilweise auch auf der Brust und dem Rücken. Somit kann es nur in diesen Körperbereichen zu einem starken Befall mit Haarbalgmilben kommen.
Die Haarbalgmilben haben einen Entwicklungszyklus vom Ei über die Larve und die (Proto-)Nymphe bis zur ausgewachsenen Milbe von zehn Tagen.
Die Milben führen zu einer vermehrten Verstopfung der Hautporen, was wir als Mitesser bezeichnen. Interessant ist, dass die Mitesser früher als Zehrwürmer oder Dürrmaden bezeichnet wurden. Man könnte den Eindruck gewinnen, man wusste schon damals, dass hier Parasiten im Spiel sind.
Interessant ist, dass die Milben bei vielen Menschen vorkommen (laut Literatur ist bei jedem vierten), ohne Beschwerden zu verursachen. Man kann somit davon ausgehen, dass sie in kleiner Anzahl vom Menschen problemlos geduldet werden.
Pathogenese
Der Befall mit Haarbalgmilben führt über zwei Wege zum Beschwerdebild:
- Der betroffene Patient reagiert allergisch auf die Demodex-Milben oder auf deren Exkremente. Dadurch kommt es zu einer Entzündung mit Schwellung und Rötung, teilweise auch zu Juckreiz oder zu einer folgenden Entzündung des Haarbalgs mit Eiterbildung. So entstehen dann die Pickel, die je nach Ausprägung auch das Ausmaß eines Abszesses annehmen können.
- Die Anzahl der Milben erhöht sich drastisch, sodass allein aufgrund der Menge Beschwerden verursacht werden. Vermutlich verstopfen dann die Poren stärker oder aber die Scheren des Gebisses verletzen die Haut-Pore, sodass es in der Folge zur Entzündung mit den oben beschriebenen Folgen kommt.
Abhängig davon, wie der befallene Mensch die Milben verträgt, zeigt sich die Ausprägung der Hautprobleme. Alles ist möglich: von völliger Beschwerdelosigkeit bis hin zu einer extrem ausgeprägten Hauterkrankung.
Meiner Erfahrung nach verursacht Demodex brevis schlimmere Hauterscheinungen als Demodex folliculorum. Bei einer Co-Infektion mit beiden Arten erlebe ich regelmäßig die extremsten Formen von Rosacea.
In meiner Praxis kann ich D. brevis vermehrt bei Rosacea und D. folliculorumeher bei Akne nachweisen.
Schon 1993 wurde in Amerika der Zusammenhang von Haarbalgmilben und Rosacea veröffentlicht („statistisch signifikanter Anstieg von Haarbalgmilben bei Rosacea im Vergleich zur Kontrollgruppe“ [1]). 1994 wurde dieser Zusammenhang bestätigt, hier wurde im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe eine fünffach höhere Menge an Haarbalgmilben bei Rosacea-Patienten gefunden. [2] Trotzdem sind diese Erkenntnisse bis heute nicht in die Behandlung eingeflossen.
Der Einfluss von Hormonen und Immunsystem
Sicher spielt bei jeder Form eines Befalles mit Haarbalgmilben die allgemeine Gesundheitssituation, das Immunsystem und die hormonelle Ausgangslage eine entscheidende Rolle. Gerade in der Menopause beobachtet man ein gehäuftes Auftreten von Rosacea-Erkrankungen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Hormone die Rosacea verursachen, sondern lediglich, dass beide Aspekte vergesellschaftet sind und die Hormonumstellung den Befall mit Demodex-Parasiten vermehrt begünstigt. Beseitigt man die Milben, dann verschwindet in der Regel auch die „hormonelle Rosacea“.
Im Alter haben wir generell weniger Hormone und ein schwächeres Immunsystem, und so lässt sich erklären, warum Rosacea mit zunehmendem Alter häufiger vorkommt: weil sich die Haarbalgmilben bei geschwächter Haut leichter ausbreiten können.
Der mikroskopische Nachweis von Haarbalgmilben
Haarbalgmilben lassen sich relativ einfach unter dem Mikroskop nachweisen. Der optische Nachweis ist wichtig, denn wenn der Betroffene die Milben mit eigenen Augen sieht, dann ist er 100%-ig bereit, die Umstellung des Hautmilieus anzugehen.
Ohne dieses Schlüsselerlebnis ist der Patient selten bereit für eine Therapie.
In der Regel haben die Patienten mehrere Jahre des Leidens, verschiedene Hautärzte und viele erfolglose Versuche mit diversen Hautcremes hinter sich. Kein Patient glaubt mehr, dass ihre Beschwerden mit einer „Wundercreme“ einfach so verschwinden werden. Hat der Patient jedoch die sich bewegenden Milben unter dem Mikroskop gesehen, ändert sich das schnell. Die meisten ekeln sich vor den Tierchen und wollen sie so schnell wie möglich und auch nachhaltig loswerden.
Da nun die Ursache für die Beschwerden verstanden ist, ist der Wille, das Hautmilieu zu ändern und das Immunsystem der Haut zu stärken, vorhanden und das Fundament für eine erfolgreiche Therapie gelegt.
Zum Nachweis benötigen wir ein Mikroskop mit 40- oder 100-facher Verstärkung, einen Objektträger, Öl aus der Küche und einen stumpfen „Spatel“ (kann auch ein normales, nicht allzu spitzes Messer sein). Dazu kommt dann der Talg aus den Hautporen des Betroffenen.
Am leichtesten bekommen wir eine Talgprobe aus den Hautporen um die Nase. Auch wenn die Haut der Nase nicht oder nur leicht betroffen ist, so sind die Milben hier meist stark vermehrt.
Bei offenen breiten Poren gelingt das Entnehmen von genügend Talg sehr leicht, bei engen Poren ist es teilweise sehr schwer. Die Menge ist jedoch wichtig.
Ist nicht ausreichend Talg entnommen worden, kann der Nachweis misslingen, obwohl der Patient unter starkem Milbenbefall leidet.
Der Talg wird mit dem Spatel von der Haut abgenommen und mit einem Tropfen des Speiseöls auf dem Objektträger vermischt. Zusammen mit dem Talg sind auch die Haarbalgmilben aus der Pore herausgekommen und schwimmen jetzt in dem Öl.
Der Objektträger wird ohne Deckglas unter das Mikroskop gelegt, die Milben werden gesucht. Bei zunächst 40-facher Vergrößerung können die Milben noch Hautteilen ähneln, sodass man zu Beginn oft nicht sicher sein kann, was man sieht. Deshalb ist eine Vergrößerung auf 100-fach oder sogar auf 400-fach angezeigt. Dann kann man die Milben sehr deutlich von allen anderen Hautresten unterscheiden.
Zusammenfassung
Obwohl der Zusammenhang von Rosacea und Haarbalgmilben in der Literatur [1, 2] gut belegt ist, wird dieser bei der Behandlung von Rosacea und anderen Akne-Formen kaum beachtet. Ich kann aus meiner über zehnjährigen Erfahrung mit Rosacea-Patienten sagen, dass ich bei allen (!) Haarbalgmilben unter dem Mikroskop nachweisen konnte. Wichtiger als der Nachweis der Milben ist aber der Behandlungserfolg und somit die Bestätigung des Zusammenhangs in der Pathogenese: Allein schon mit der einfachen, aber effektiven Stärkung der Haut und der damit verbunden Eliminierung der Haarbalgmilben, konnte wieder eine gesunde Haut erreicht werden, die Dokumentationen aus der aus der Praxis belegen dies anschaulich.
Literaturhinweis
[1] José L. Diaz-Perez: Demodex mites in rosacea. In: Journal of the American Academy of Dermatology. Bd. 30, Nr. 5, Tl. 1, 1994, S. 812–813
[2] Elizabeth Bonnar, Peter Eustace, Frank C. Powell: The Demodex mite population in rosacea. In: Journal of the American Academy of Dermatology. Bd. 28, Nr. 3, 1993, S. 443–448
Dominik Golenhofen
ist Heilpraktiker und arbeitet seit 15 Jahren in eigener Heilpraxis. Zu Beginn in Stuttgart, jetzt in Ljubljana (Slowenien). Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich dort mit der Entgiftung von Schwermetallen und entwickelte den ToxTest (www.toxtest.de) zum Nachweis von Schwermetallbelastungen. Unter www.demodex.de kann man seine Erkenntnisse zu den Haarbalgmilben bei Rosacea, Akne und dem Seborrhoischem Ekzem nachlesen.
Kontakt:
dominik@golenhofen.de